Polen führt online Register für Sexualstraftäter ein
Während Schweden die Verschärfung des Sexualstrafrechts noch plant, ist in Polen eine umstrittene Datenbank für Sexualstraftäter online gegangen. Das polnische Justizministerium hat zum Jahresbeginn eine Datenbank mit den Namen und Fotos von mehreren hundert Sexualstraftätern online gestellt. Auch in Deutschland wird seit Jahren immer wieder ein härteres Vorgehen gegen Sexualstraftäter gefordert. Eine so drastische Maßnahme hat sich hier jedoch bisher nicht durchsetzen können und wird von Juristen allgemein als menschenrechtswidrig eingeschätzt.
Seit Anfang Januar 2018 kann jedermann auf der Website des polnischen Justizministeriums die Namen, Geburtsorte, Aufenthaltsorte und Bilder von etwa 800 verurteilten Sexualstraftätern abrufen.
Polen folgt damit den USA bei einer zweifelhaften Maßnahme
Polen hat damit die gleichen Maßnahmen ergriffen, die in den USA bereits seit Jahren gang und gäbe sind. In den USA haben die Bürger das Recht auf Informationen über verurteilte Sexualstraftäter. Über ein zentrales Register des Justizministeriums („United States National Sex Offenders Public Registry”) kann Jedermann neben Namen und Fotos auch die komplette Anschrift der registrierten Personen einsehen.
In Deutschland ist die Einführung einer solchen öffentlichen Datenbank höchst umstritten und zum Glück aktuell noch kaum vorstellbar. Grundsätzlich steht der Einführung das in unserem Grundgesetz garantierte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen entgegen. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wird die öffentliche Datenbank für Sexualstraftäter vermutlich als einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) einstufen.
Öffentliche Datenbank stigmatisiert und ist menschenrechtswidrig
Kriminologen kritisieren vor allem die Prangerwirkung eines solchen Registers. Eine öffentlich einsehbare Datenbank berge die Gefahr einer Hexenjagd auf ehemalige Sexualstraftäter. Zudem habe jeder Straftäter in Deutschland ein Recht auf Resozialisierung. Auch Sexualstraftäter sollen demnach in die Gesellschaft wiedereingegliedert werden. Eine Studie in den USA hat sogar ergeben, dass durch die Einführung der Datenbank für Sexualstraftäter weder die Abschreckung verurteilter Sexualverbrecher gestiegen noch die Zahl der Opfer signifikant gesunken sei. Eine solche öffentliche Registrierung trägt also nicht zum Opferschutz bei, sondern dient lediglich der Stigmatisierung.
Wer hätte gedacht, dass der Pranger aus dem Mittelalter – der sich schon damals nicht bewährt hat – in Polen – einem noch europäischem Staat – eine Renaissance erlebt. Die Einführung solch einer Datenbank ist kaum mit dem europäischen Gedanken der Menschenrechte zu vereinbaren. Letztendlich ist davon auszugehen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Datenbank in Polen als einen Verstoß gegen die Menschenrechte ansehen wird. Obwohl auch in Deutschland das Sexualstrafrecht in den letzten Jahren immer weiter verschärft wurde, insbesondere bei der Vergewaltigung und der sexuellen Belästigung, sind die Stimmen nach solch einem Register hierzulande zum Glück noch sehr leise. Sollte der (Internet-)Pranger aber auch in Deutschland kommen wäre eine gute Verteidigung noch wichtiger, um die negativen Folgen einer Verurteilung rechtzeitig abzuwenden.