Verschärfung des Sexualstrafrechts in Schweden geplant
Schweden will erneut sein Sexualstrafrecht verschärfen. Dazu hat die Regierung ein neues Gesetz ausgearbeitet. In diesem soll das Prinzip „Nur Ja heißt Ja“ verankert werden. Der bisher geltende Grundsatz „Nein heißt Nein“ reicht der Regierung in Schweden nicht mehr aus. Grund hierfür war unter anderem die globale #metoo Bewegung. Unter dem Hashtag berichteten im Internet zehntausende Frauen weltweit von sexuellen Belästigungen.
Schon heute ist die schwedische Definition einer Vergewaltigung breiter gefasst als in vielen anderen Ländern. Beispielsweise ist für die Verwirklichung des Straftatbestands keine Gewaltanwendung oder Nötigung mehr notwendig. Seit 2005 macht man sich bereits dann strafbar, wenn man jemanden ausnutzt, der sich in einem „hilflosen Zustand“ befindet, schläft, bewusstlos ist oder unter Drogen steht. Im Jahr 2013 wurde das Sexualstrafrecht nochmals verschärft. Eine Vergewaltigung liegt seitdem schon dann vor, wenn das Opfer bei vollem Bewusstsein ist, sich aber etwa aus Angst nicht wehrt.
Verschärftes Sexualstrafrecht ändert an Beweisproblemen nichts
Das neue Gesetz wird von vielen Juristen sehr kritisch gesehen. Sollte das Sexualstrafrecht derart verschärft werden, müsste man als Konsequenz vor jedem Geschlechtsverkehr sicherstellen, dass der andere ausdrücklich zugestimmt hat. Man müsste seinen Partner also vorher und bei jedem Stellungswechsel ausdrücklich fragen, ob er oder sie mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden ist. Andernfalls macht man sich strafbar.
Rechtsexperten sind zusätzlich der Ansicht, dass das Gesetz ineffizient ist. Für die Staatsanwaltschaft sei es trotz der neuen Regelung immer noch schwierig zu beweisen, ob das potentielle Opfer mit dem Sex einverstanden war oder nicht. Denn in den meisten Vergewaltigungsprozessen liegt eine Aussage-gegen-Aussage Konstellation vor. Außer dem mutmaßlichen Täter und dem angeblichen Opfer gibt es meist keine weiteren Zeugen. Und auch Spuren am Körper des potentiellen Opfers belegen nicht zwingend, ob der Geschlechtsverkehr einvernehmlich war oder nicht. Solange die Zustimmung zum Geschlechtsverkehr nicht schriftlich festgehalten wurde, hilft auch das neue Gesetz in dieser Hinsicht nicht weiter. Umgekehrt besteht weiterhin das Problem, dass Frauen ihre Ex-Partner falsch beschuldigen können, um sich an ihnen zu rächen. Auch hieran kann das neue Gesetz nichts ändern. Es verschärft diese Problematik sogar noch w eiter.
In Stockholm gilt es als wahrscheinlich, dass das Parlament den Regierungsvorschlag annehmen wird. Doch auch die Gleichstellungsministerin Åsa Regnér gibt zu: „Ein einziges Gesetz wird das Problem nicht lösen“.
In Deutschland gilt weiterhin „Nein heißt Nein“
In Deutschland wurde das Sexualstrafrecht bereits im Jahr 2016 verschärft. Allerdings nicht so drastisch wie in Schweden. Im Juli hatte der Bundestag eine Verschärfung des § 177 StGB beschlossen, nach der eine Tat auch dann als sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung bestraft werden kann, wenn sich der Täter über den „erkennbaren Willen“ des Opfers – zum Beispiel durch ein klares „Nein“ bekundet – hinweggesetzt hat. In Deutschland gilt seitdem also der „Nein heißt Nein“ Grundsatz. Die Änderungen traten am 10. November 2016 in Kraft. Zuvor wurden diese Fälle nur bestraft, wenn der Täter das Opfer mit Gewalt oder Drohung zu sexuellen Handlungen genötigt hat oder eine Situation ausgenutzt hat in der ihm das Opfer schutzlos ausgeliefert war. Im Rahmen der Reform wurde außerdem der neue Straftatbestand der sexuellen Belästigung eingeführt.