Aussage-gegen-Aussage Konstellationen im Sexualstrafrecht
Das Sexualstrafrecht ist vor allem von Aussage-gegen-Aussage Konstellationen geprägt. Eine Aussage-gegen-Aussage Konstellation liegt vor, wenn als Beweis für die Tat des Angeklagten lediglich die Aussage der mutmaßlich Geschädigten dient. Gerade im Sexualstrafrecht, wo die Taten meist ohne weitere Zeugen stattfinden, bereitet die Beweisfrage erhebliche Schwierigkeiten und ist auch immer wieder Anknüpfungspunkt für erfolgreiche Revisionen. So auch in der aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH).
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Angeklagte soll nach Feststellung des Landgerichts die Nebenklägerin, mit der er zuvor eine Affäre hatte, zunächst während eines Streites geschlagen und später im Park vergewaltigt haben. Zeugen sollen die Machenschaften im Park bemerkt und sie aufgefordert haben, die „Schweinerei“ zu unterlassen. Daraufhin soll die Nebenklägerin aus Scham in das angrenzende Gebüsch gegangen sein, wohin ihr der Angeklagte folgte und erneut den Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen durchführte bis sie von einem Spaziergänger gestört wurden und die Nebenklägerin den Angeklagten nach Hause fuhr. Die Zeugen waren aber keine unmittelbaren Zeugen der Tat als solches, sodass trotzdem eine Aussage-gegen-Aussage-Situation vorlag.
Die auf die fehlerhafte Beweiswürdigung gestützte Revision des Angeklagten hatte Erfolg. Der BGH rügte die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Anforderungen an die Überzeugungsbildung bei Aussage-gegen-Aussage Konstellationen seien nicht eingehalten worden. Das Landgericht hatte sich nicht ausreichend mit dem teilweise inkonsistenten Aussageverhalten der Nebenklägerin befasst. Auch hat das Landgericht nicht hinreichend andere Beweismittel, wie zum Beispiel die Entfernung von der Bar zum Park oder die Möglichkeit, dass sich die Nebenklägerin bei den Zeugen hätte Hilfe holen können, in seiner Urteilsbegründung einbezogen. Der BGH macht deutlich, dass gerade in Konstellationen, wo die Verurteilung von einem Belastungszeugen abhängt, alle Umstände, die die Entscheidung des Tatgerichts beeinflussen können, einer Auseinandersetzung im Urteil bedürfen.
Der Bundesgerichtshof hob daher die Verurteilung des Beschuldigten auf.
BGH, Beschluss vom 06.08.2020 – 1 StR 178/20