Sexuelle Beleidigung – § 185 StGB

Das Sexualstrafrecht stellt nicht jede mögliche „sexuelle Belästigung“ unter Strafe, da nicht jede sexuell motivierte Handlung, die gesellschaftlich möglicherweise geächtet wird, auch ein Fall für den Staatsanwaltschaft bzw. das Strafgericht ist. Sexuelle Anspielungen oder kurze Berührungen, die weder die Schwelle der Gewalt noch der Drohung überschreiten, sind z.B. nicht ohne Weiteres strafbar. Einen Straftatbestand der „sexuellen Belästigung“ kannte das deutsche Strafrecht lange Zeit nicht.

Im Jahr 2016 wurde das deutsche Sexualstrafrecht umfassend reformiert, um die sexuelle Selbstbestimmung der Betroffenen noch besser zu schützen und Strafbarkeitslücken zu schließen. Bei Taten ab November 2016 kann nun der Tatbestand der sexuellen Belästigung, der in § 184i StGB geregelt ist, einschlägig sein. Für Taten, die vor diesem Zeitpunkt begangen wurden, ist weiterhin der unten stehende Text relevant:

Sexuelle Belästigung oder sexuelle Beleidigung?

Immer öfter werden Personen mit dem Vorwurf der „sexuellen Belästigung“ konfrontiert. Strafanzeigen erfolgen häufig über einen Rechtsanwalt. Die Zunahme der Fallzahlen liegt auch daran, dass die sexuelle Belästigung per SMS oder Internet heute leichter fällt als jemals zuvor. Da die sexuelle Belästigung jedoch vor der Reform 2016 keinen eigenen Straftatbestand darstellte, versuchen die Ermittlungsbehörden insbesondere bei Beschuldigten, die keinen guten Strafverteidiger haben, die angezeigte Handlung häufig unter anderen Strafnormen einzuordnen. Dabei gehen Polizeibeamte und auch Staatsanwaltschaften den Weg über die „sexuelle Beleidigung“. Hierbei handelt es sich um keinen eigenen Straftatbestand, sondern lediglich um eine Fallgruppe der Beleidigung nach § 185 StGB.

In vielen Fällen ist der Tatbestand der Beleidigung jedoch gar nicht erfüllt. Viel mehr wird so versucht, eine vermeintlich entdeckte Strafbarkeitslücke zu schließen. Im Strafrecht dürfen jedoch nur Handlungen bestraft werden, die auch ausdrücklich per Gesetz verboten sind.

Aus diesem Grund sollten Sie nicht vorschnell einer Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage zustimmen – geschweige denn einen Strafbefehl wegen einer sexuellen Beleidigung ohne Prüfung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt akzeptieren. Durch einen Strafverteidiger sollte vielmehr geprüft werden, ob die engen Voraussetzungen der Beleidigung in Ihrem Fall tatsächlich erfüllt sind.

Ehrverletzung durch eine sexuelle Belästigung?

Die sexuelle Selbstbestimmung ist kein eigenständiger Teil der von § 185 StGB geschützten Ehre. Die Handlung muss neben der Geschlechtsbezogenheit daher auch immer einen selbstständigen beleidigenden Charakter haben.

An diesem beleidigenden Charakter kann es vor allem dann fehlen, wenn die Äußerung oder Berührung gerade nicht die andere Person herabwürdigen soll. In vielen Fällen wird durch die sexuelle Handlung nämlich gerade keine Herabwürdigung bezweckt. Im Gegenteil soll mit dieser gerade die erkannte Attraktivität – wenn auch häufig etwas derb – ausgedrückt werden.

Es ist daher eine Gesamtschau der Umstände notwendig, um zu entscheiden, ob in der Handlung eine Beleidigung steckt oder nicht. Eine Beleidigung kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn durch die Handlung erklärt werden soll, dass das potentielle Opfer sich solche Berührungen gefallen lassen würde. An solch einer Erklärung fehlt es jedoch regelmäßig, wenn die Berührung unter Ausnutzung eines Überraschungsmomentes erfolgt und anschließend die Flucht ergriffen wird.

Wann ist die sexuelle Belästigung als Beleidigung strafbar?

Tritt zur sexuellen Handlung eine beleidigende Erklärung (wörtlich oder durch schlüssiges Handeln) hinzu, kann tatsächlich eine strafbare Beleidigung vorliegen. Ob dies in Ihrem konkreten Einzelfall so ist, prüft Rechtsanwalt Dr. Böttner nach Einsicht in die Ermittlungsakten.
Die Rechtsprechung ist hier sehr uneinheitlich und stellt auf eine Bewertung im konkreten Einzelfall ab. Bei bloßer verbaler Belästigung und Taktlosigkeit wird die Strafbarkeit aber genauso abgelehnt, wie bei heimlicher Beobachtung oder Belauschung. Auch die Aufforderung zu sexuellen Kontakten allein reicht für eine Strafbarkeit in der Regel noch nicht aus. Gerade die kurzen sexuellen Berührungen am Arbeitsplatz, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Gaststätten haben die Gerichte in der Vergangenheit sehr unterschiedlich beurteilt.

Welche Strafe droht bei einer Verurteilung wegen sexueller Beleidigung?

Für die sexuelle Beleidigung droht der gleiche Strafrahmen wie für jede andere Beleidigung. Grundsätzlich kann eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängt werden. Da Gerichte eine sexuelle Beleidigung meist jedoch als relativ schwer einschätzen, ist im Falle einer Verurteilung mit zum Teil deutlich höheren Strafen zu rechnen als bei einer Beleidigung ohne sexuellen Bezug.
Zusätzlich können die Geschädigten unter bestimmten Umständen Schmerzensgeld wegen sexueller Beleidigung fordern. Daher sollte der Vorwurf der sexuellen Belästigung nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn neben den rechtlichen Konsequenzen können bei einem Schuldspruch auch berufliche und private Folgen auftreten.

Wie kann ein Strafverteidiger beim Vorwurf der sexuellen Beleidigung / Belästigung helfen?

Staatsanwaltschaften und Gerichte nutzen den Straftatbestand der Beleidigung häufig als „Auffangtatbestand“, wenn es für ein anderes Sexualdelikt nicht reicht. Dabei sind die Voraussetzungen der Beleidigung in vielen Fällen gar nicht erfüllt.

Als erstes sollte von einem spezialisierten Anwalt geprüft werden, ob eine Beleidigung überhaupt vorliegt. Ist dies nicht der Fall, ist zumindest der strafrechtliche Vorwurf nicht mehr haltbar. Beim Vorwurf der sexuellen Belästigung müssen jedoch auch arbeitsrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen beachtet werden – Vor allem wenn es sich um den Vorwurf der sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz handelt.
Daher benötigt jeder konkrete Einzelfall eine individuelle Beratung durch einen erfahrenen Strafverteidiger. Dieser wird das weitere Vorgehen gegen den Vorwurf der sexuellen Belästigung erläutern. Wie bei allen strafrechtlichen Vorwürfen gilt jedoch auch hier, dass ohne Rücksprache mit einem Rechtsanwalt keine Aussage getätigt werden sollte.

Bei Taten ab November 2016 kann nun der Tatbestand der sexuellen Belästigung, der in § 184i StGB geregelt ist, einschlägig sein.

IHR RECHTSANWALT FÜR SEXUALSTRAFRECHT | DR. JUR. SASCHA BÖTTNER (FACHANWALT FÜR STRAFRECHT)

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