Revision: Fehlgeschlagener Versuch bei der Vergewaltigung

Bei der Frage, ob ein Versuch (§ 24 Abs. 1 StGB) fehlgeschlagen ist, werden von den Gerichten häufig Fehler gemacht, die zu einer erfolgreichen Revision im Strafrecht führen können. Die Einstufung des Versuchs als fehlgeschlagen oder nicht, hat erhebliche Auswirkungen. Nur wenn der Versuch nicht fehlgeschlagen ist, kann der Beschuldigte noch strafbefreiend von der Tat zurücktreten. Die Frage kann daher über Straffreiheit oder langjährige Freiheitsstrafe entscheiden.

Der Bundesgerichtshof musste sich aufgrund einer Revision mit einer Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe auseinandersetzen, bei der das Gericht einen Versuch als fehlgeschlagen qualifizierte. Die vom Rechtsanwalt des Verurteilten eingelegte Revision hatte Erfolg.

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten ursprünglich wegen versuchter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Die hiergegen gerichtete Revision war erfolgreich. Nach den Feststellungen des Gerichts soll der Angeklagte die Geschädigte, die sich gegen Mitternacht auf dem Weg nach Hause befand, aufgefordert haben, mit ihm Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Ansonsten würde er sie mit einem Messer abstechen. Die Geschädigte soll gemerkt haben, dass der Angeklagte tatsächlich gar kein Messer bei sich führte. Aufgrund dessen willigte die Geschädigte auf die Drohung des Angeklagten zum Schein ein, um dem überlegenen Angeklagten entkommen zu können. Daraufhin soll der Angeklagte seine Hose bis zu den Knien heruntergezogen haben. Die Geschädigte habe den Angeklagten sodann von sich geschubst und konnte fliehen.

Das Landgericht erblickte in diesem Sachverhalt einen fehlgeschlagenen Versuch, da der Angeklagte dem Opfer nicht sofort folgen konnte und erkannt hatte, dass sein Vorhaben, die Geschädigte mittels Drohung von Gewalt zum Geschlechtsverkehr mit ihm zu zwingen, gescheitert war.

Nach der Ansicht des BGH hat das Landgericht einen fehlgeschlagenen Versuch zu Unrecht bejaht. Fehlgeschlagen ist ein Versuch dann, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an. Die Feststellungen des Gerichts zu einem Fehlschlag sind aber vorliegend nicht hinreichend beweiswürdig unterlegt. Der Angeklagte habe sich zwar in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er beschlossen hat, von seinem Vorhaben abzusehen, weil er der Frau nicht gleich folgen konnte. Allerdings kann die Formulierung auch dahingehend verstanden werden, dass der Angeklagte, die ihm weiterhin möglich erscheinende Vollendung der Tat aufgrund eines autonomen Entschlusses aufgegeben hat. Damit läge ein fehgeschlagener Versuch nicht vor. Der Beschuldigte hätte daher strafbefreiend vom Versuch zurücktreten können und hätte nicht wegen Vergewaltigung verurteilt werden dürfen.

Folglich wurde das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und zu neuer Verhandlung an eine andere Kammer zurückverwiesen. Durch die erfolgreiche Revision stehen die Chancen für den Verurteilten und seinen Strafverteidiger nunmehr gut, dass ein strafbefreiender Rücktritt vorliegt und der Angeklagte freigesprochen wird.

BGH, Beschluss v. 28.05.2018, Az. 1 StR 169/18

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