Strafklageverbrauch – Erfolgreiche Revision

Niemand darf wegen derselben Tat mehrmals bestraft werden. So steht es in Art. 103 Abs. 3 des deutschen Grundgesetzes. Dieser verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz, auch unter „ne bis idem“ oder Doppelbestrafungsverbot bekannt, bedeutet nicht nur, dass jemand aufgrund derselben Tat nicht mehrmals bestraft werden kann. Es bedeutet auch, dass derjenige, der einmal wegen einer Tat freigesprochen wurde, nicht später aufgrund derselben Tat erneut angeklagt werden darf. Welche Reichweite dieser Grundsatz für die Rechtsprechung hat, zeigte eine aktuelle erfolgreiche Revision im folgenden Fall:

Der Verurteilte soll seine Ehefrau an der Wohnungstür überrascht, in die Wohnung gedrängt und schmerzhaft am Arm festgehalten haben. Er soll ein Küchenmesser auf sie gerichtet und gedroht haben, er werde sie umbringen. Anschließend redeten die Eheleute miteinander, versöhnten sich jedoch nicht. Einige Zeit später soll der Verurteilte mit seiner Ehefrau den Geschlechtsverkehr gewollt haben. Dies lehnte sie ab. Aufgrund der vorangegangenen Bedrohung und des Wissens über das Messer in der Hosentasche ihres Ehemanns soll sie ihm aber keinen Widerstand entgegengesetzt haben.

Das Amtsgericht Kassel verurteilte den Mann wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Erst später verurteilte das Landgericht Kassel ihn wegen der hinzukommenden Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten.

Dagegen wehrte sich der Verurteilte erfolgreich mittels Revision. Der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Anklage des Landgerichts nämlich als zuvor vom Amtsgericht „verbraucht“. Die zuerst ergangene rechtskräftige Verurteilung wegen Bedrohung sperrte daher eine weitere Verurteilung wegen Vergewaltigung. Wird eine Tat aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt rechtskräftig abgeurteilt, so können weitere Taten aus diesem Lebenssachverhalt nicht mehr verfolgt werden. Dies ist der Kern des Prinzips des Strafklageverbrauchs. Auch hier war Strafklageverbrauch eingetreten, was der BGH damit begründete, dass es sich bei dem gesamten Verhalten des Täters um einen einheitlichen Vorgang gehandelt habe. Das landgerichtliche Urteil betreffe dieselbe Tat, die bereits vom Amtsgericht erfasst und abgeurteilt worden war. Auch wenn der erste Übergriff durch den Verurteilten schon am Vormittag geschah, während die anschließende Vergewaltigung mit zeitlichem Abstand und erst nach einer längeren Gesprächspause nach Beruhigung der Situation erfolgte, so läge immer noch prozessuale Tatidentität vor.

Grundsätzlich gehört alles an Verhalten, was mit dem in der Anklage bezeichneten geschichtlichen Ereignis „nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet“ zu einer prozessualen Tat, die nur einmal abgeurteilt werden darf. Damit können auch noch objektiv selbständige Verhaltensweisen prozessual eine Einheit bilden und von der Sperrwirkung des Strafklageverbrauchs gedeckt werden.

Was konkret von einer vorangegangenen Verurteilung bereits verbraucht wurde, kann im Einzelfall schwierig abgrenzbar sein. Ein guter Revisionsverteidiger erkennt in jedem Einzelfall die Chancen für eine erfolgreiche Revision. Erscheint ein Urteil fehlerhaft, so ist im Zweifelsfall immer die Heranziehung eines Revisionsverteidigers zu empfehlen. Rechtsanwalt Dr. Böttner ist als Fachanwalt für Strafrecht bereits seit vielen Jahren erfolgreich als Revisionsverteidiger tätig. Gerne können Sie uns jederzeit für ein unverbindliches Erstgespräch kontaktieren, um zu prüfen, ob die Revision in Ihrem konkreten Fall Aussicht auf Erfolg hat.

BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – 2 StR 458/20

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