Besonders schwere Vergewaltigung bei Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs vor der Tat?
Kürzlich hat der Bundesgerichtshof eine wichtige Entscheidung zu dem Qualifikationstatbestand der besonders schweren Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB getroffen. Vorausgegangen ist eine Verurteilung wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Dagegen wehrte sich der Verurteilte mit seinem Rechtsanwalt erfolgreich mit der Revision.
Die erste Instanz war der Meinung, dass eine Vergewaltigung mittels eines gefährlichen Werkzeuges im Sinne des § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB begangen wurde. Der Angeklagte soll versucht haben, sich gewaltsam Zutritt zu der Wohnung seiner getrenntlebenden Ehefrau zu verschaffen. Als ein Nachbar darauf aufmerksam wurde, soll er vom Angeklagten mit einem Messer bedroht worden sein. Als sich der Angeklagte erfolgreich Zutritt zur Wohnung verschafft hatte, soll er dort seine Ehefrau vergewaltigt haben, das Messer soll er dabei jedoch nicht mehr in der Hand gehabt haben.
Der BGH sah den Tatbestand der besonders schweren Vergewaltigung in diesem Fall hingegen nicht erfüllt. Vorliegend hatte der Angeklagte zwar mit einem gefährlichen Werkzeug eine Situation geschaffen, die er anschließend ausnutzte, um ohne weitere Verwendung dieses Werkzeugs, eine Vergewaltigung zu begehen. Der Angeklagte hätte aber zur Erfüllung des Qualifikationstatbestandes schon bei der Herstellung dieser Situation dazu entschlossen sein müssen, sexuelle Handlungen an der Nebenklägerin vornehmen zu wollen. Denn bei dem späteren Übergriff selbst verwendete er das Messer nicht mehr. Ein solcher Entschluss des Angeklagten ergab sich aus den Urteilsgründen des Landgerichts jedoch nicht. Denkbar wäre ebenso gewesen, dass der Angeklagte in die Wohnung der Nebenklägerin eindringen wollte, um diese zu verletzen oder sogar zu töten. Der BGH stellte klar, dass ein erst später gefasster Tatentschluss zu den sexuellen Handlungen für die Bejahung des besonders schweren Falles der Vergewaltigung nicht ausreicht.
Aus diesem Grund wurde die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben. Der neue Tatrichter hat nun genauere Feststellungen zu der inneren Tatseite zu treffen und die Frage, ob eine besonders schwere Vergewaltigung durch den Angeklagten begangen wurde, erneut zu prüfen. Viel zu schnell wird von den Landgerichten solch eine innere Einstellung rechtsfehlerhaft angenommen, wie diese erfolgreiche Revision belegt.
BGH, Beschluss v. 01.10.2019 – 2 StR 143/19