Neuer Straftatbestand: Anleitung zum Kindesmissbrauch

An das neue Strafschärfungspaket „zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ anknüpfend hat Christine Lambrecht (Bundesjustizministerin) nun einen neuen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der „die Verbreitung und den Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern“ als neuen Straftatbestand, den § 176e StGB, in das Strafgesetzbuch aufnehmen wird.

Rechtlich einzuordnen ist dieser Straftatbestand als ein abstraktes Gefährdungsdelikt, welches auch Taten erfasst, die den tatsächlichen Missbrauchshandlungen weit vorgelagert sind. Dies bedeutet, dass die reine abstrakte Gefahr, die von einer Handlung ausgeht, bereits bestraft wird. Es muss nicht zu einem tatsächlichen Schadenseintritt kommen.

Der neue Paragraph führt bereits jetzt zu vielen Fragen, die wir an dieser Stelle einmal kurz beantworten wollen:

Was ist eine sogenannte Missbrauchsanleitung?

Als Missbrauchsanleitung im Sinne des § 176e StGB soll jede Form von Beschreibung zählen, wie sexueller Missbrauch von Kindern oder sexuelle Gewalt an ihnen vorbereitet, ermöglicht, durchgeführt oder verschleiert wird. Eine Empfehlung an welchen Orten Kindern gut aufgelauert werden kann und oder wie das Vertrauen eines Kindes erschlichen werden kann, stellt ebenso eine Anleitung dar wie die konkrete Beschreibungen einer Missbrauchshandlung.

Wie war die Rechtslage bisher?

Die bisherigen Strafnormen erfassten eine solche Anleitung nur im Einzelfall, hier bestand eine Regelungslücke. Missbrauchsanleitungen konnten bisher zwar in Einzelfällen als Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinderpornographischen Inhalten unter § 184b StGB fallen, in vielen Fällen war das Verbreiten jedoch tatsächlich straflos. Auch der Straftatbestand „Anleitung zu Straftaten“ nach § 130a StGB war nicht einschlägig, da der Paragraph nur die Anleitung ganz bestimmter Straftaten unter Strafe stellte und darunter die konkreten hier relevanten Sexualstraftaten nicht erfasst waren.

Die öffentliche Aufforderung zu Straftaten gemäß § 111StGB, allgemein die Gewaltdarstellung gemäß § 131 StGB oder die Belohnung und Billigung von Straftaten gemäß § 140 StGB konnten Anleitungen ebenfalls selten erfassen, weil beispielsweise eine bereits begangene Straftat vorausgesetzt wird oder – bei noch nicht begangenen Straftaten im Sinne des § 140 StGB – die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens im Sinne des § 140 Nr. 2 Var. 2 StGB mit öffentlichem Frieden etwas anderes meint: hier geht es nicht um den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung eines Kindes, sondern um den Schutz vor Hasskriminalität und Rechtsextremismus.

Der neue Straftatbestand der Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern

Mit dem neuen § 176e StGB will der Gesetzgeber eine ganz spezielle Norm für das Verbreiten und Besitzen von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern schaffen. Wie sich bereits aus dem Namen des Straftatbestandes ergibt, ist sowohl das Verbreiten und Veröffentlichen wie aber auch der reine Abruf und Besitz zukünftig strafbar.

Strafbar wird sich zum Beispiel derjenige machen, der einer anderen Person eine solche Anleitung zugänglich macht, beispielsweise per – auch geschlossener – Chatgruppe oder über sonstige Kanäle mit ihr teilt, wer ihr auf sonstige Weise Besitz daran verschafft oder wer sich selbst eine solche Anleitung aus jeglichen Foren runterlädt. Die Verbreitung muss nicht schriftlich erfolgen. Es kann auch eine mündliche Anleitung ausreichen.

Welche Strafe droht bei Anleitung zum sexuellen Missbrauch von Kindern?

Abruf und Besitz einer Anleitung zum sexuellen Missbrauch von Kindern sollen mit Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren; Verbreiten mit Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bedroht werden. Der Unterschied im Strafrahmen wurde damit begründet, dass eine unbestimmte Vielzahl von Empfängern und das Zugänglichmachen der Öffentlichkeit ein höheres Gefährdungspotential birgt, als der reine Abruf, der Besitz, die Weiterleitung oder das Zugänglichmachen eines Anleitungsinhalts an eine Einzelperson.

Weil explizit auch der „Abruf“ ins Gesetz aufgenommen werden soll, kann die sonst häufige Streiterei um die Frage bei digitalen Inhalten dahinstehen: Es ist dann egal, ob eine reine Betrachtung im Browser, ohne Speicherung auf der eigenen Festplatte, ausreicht. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich bereits den Abruf unter Strafe gestellt.

Wann tritt das neue Gesetz in Kraft?

Bisher gibt es lediglich einen Entwurf des neuen Straftatbestandes. Wann genau und in welcher Endfassung das neue Gesetz in Kraft treten wird, ist bisher noch nicht bekannt. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber noch in dieser Legislaturperiode das Gesetz verabschieden wird und es daher noch in diesem Jahr in Kraft treten wird.

Wann verjährt eine Strafbarkeit wegen Anleitung zum sexuellen Missbrauch von Kindern?

Die Verjährungsfrist für den neuen Straftatbestand beträgt fünf Jahre. Die Verjährung beginnt jedoch erst mit Beendigung der Tat — Im Falle des Besitzes also erst mit der Aufgabe des Besitzes.

Sofern eine entsprechende Handlung jedoch vor Einführung des neuen Straftatbestandes begangen wurde, kann diese Handlung nicht nach dem neuen Gesetz bestraft werden. Sofern es jedoch um Besitz geht, reicht es aus, wenn der Besitz noch nach Einführung dieses neuen Gesetzes fortgesetzt wird. Sofern daher solche strafbaren Anleitungen im Besitz sind, müssen diese – um eine Strafbarkeit zu verhindern – vor Inkrafttreten der neuen Norm gelöscht werden.

Auch Taten im Ausland können bestraft werden

Das neue Strafgesetz ist nicht nur für Personen, die in Deutschland leben, relevant, sondern kann auch Deutsche, die im Ausland leben, betreffen. Dies gilt selbst dann, wenn die Handlung am konkreten Tatort nicht strafbar ist.

Der § 5 StGB regelt nämlich Auslandstaten mit besonderem Inlandsbezug und der neue § 176e StGB wird von § 5 Nr. 8 StGB erfasst. Es ist daher für einen deutschen Staatsbürger egal, in welchem Land er sich aufhält, er kann sich immer nach dem neuen Gesetz strafbar machen.

Die bestmögliche Verteidigung gegen den Vorwurf der Verbreitung oder des Besitzes von Anleitungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern

Sofern Ihnen der Vorwurf der Verbreitung oder des Besitzes von Anleitungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern gemacht wird, sollte von Anfang an eine professionelle Strafverteidigung durch einen Fachanwalt für Strafrecht – am besten mit einer Spezialisierung auf das Sexualstrafrecht – erfolgen.

Gerade bei neuen Straftatbeständen ergeben sich häufig ganz neue Probleme, die in Verbindung mit bisher im Sexualstrafrecht bewährten Verteidigungsstrategien neue Chancen eröffnen. Häufig sind es gerade diese Ansätze, die zwischen einer folgenlosen Einstellung und einer schwerwiegenden Verurteilung entscheiden.

Sofern Ihnen daher der Vorwurf aus dem neuen § 176e StGB oder einem anderen Delikt aus dem Sexualstrafrecht gemacht wird, kontaktieren Sie uns möglichst frühzeitig, damit von Anfang an eine bestmögliche Verteidigung sichergestellt werden kann. Rechtsanwalt Dr. Böttner ist als Fachanwalt für Strafrecht mit Spezialisierung auf das Sexualstrafrecht seit über 15 Jahren erfolgreich im Sexualstrafrecht tätig.

Über den Autor

ANWALT FÜR SEXUALSTRAFRECHT: RECHTSANWALT UND STRAFVERTEIDIGER DR. BÖTTNER

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dr. Böttner ist seit mehr als 15 Jahren erfolgreich als Spezialist für Sexualstrafrecht tätig. Er ist ein bundesweit häufig angefragter Experte auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts. Er verteidigt und berät bundesweit gegen alle Vorwürfe aus dem Sexualstrafrecht.

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