Erfolgreiche Revision: Keine Unterbringung in der Psychiatrie

Im Sexualstrafrecht droht in vielen Fällen auch eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB, sofern die Schuldfähigkeit des Beschuldigten in Frage steht. Bei der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus handelt es sich nicht um eine Strafe für rechtswidriges Verhalten – vielmehr soll durch die Unterbringung die Allgemeinheit vor weiteren Taten geschützt werden. Eine zeitliche Begrenzung – wie sie bei Freiheitsstrafen der Fall ist – wird nicht vorgenommen. Eine Person wird so lange untergebracht, wie sie eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellt. Diese Unterbringung auf unbestimmte Zeit stellt regelmäßig eine stärkere Belastung dar als eine mögliche Freiheitsstrafe und darf daher nur unter ganz engen Voraussetzungen angeordnet werden.

Mit einer Revision konnte nun die rechtswidrige Anordnung der Unterbringung in einer Psychiatrie erfolgreich angegriffen werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) fand dabei klare Worte für das fehlerhafte Vorgehen des Landgerichts.

In der zugrundeliegenden Entscheidung des Landgerichts Bielefeld ging es um einen Beschuldigten, der im schuldunfähigen Zustand, ein Verhalten gezeigt hat, welches rechtlich vom Landgericht als versuchter sexueller Übergriff und sexuelle Nötigung eingestuft wurde. Wegen der bestehenden Schuldunfähigkeit verhängte das Gericht keine Strafe, sondern ordnet die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB an.

Der Bundesgerichtshof hob die Unterbringungsanordnung des Landgerichts auf. Das Landgericht hatte in seinem Urteil die Voraussetzungen des § 63 StGB nicht ausreichend dargestellt. Gemäß § 63 StGB muss für die Unterbringung eines schuldunfähigen Täters eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustands weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (sogenannte „Gefahrenprognose“). Dabei müssen vom Gericht die Persönlichkeit des Täters, sein Vorleben und die von ihm begangenen Taten umfassend gewürdigt werden. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den festgestellten Taten des Beschuldigten um reine Ausnahmetaten handelte. Der Beschuldigte ist auch im unbehandelten Zustand weder vor noch nach den Taten auffällig geworden. Diesen Umstand hatte das Landgericht als reinen Zufall, und nicht als Indiz gegen die Gefahr weiterer Auffälligkeiten gewertet.

Der Bundesgerichtshof sah jedoch nicht, dass die Gefahr, der Beschuldigte würde ohne Unterbringung weitere Sexualstraftaten begehen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden konnte. Das Landgericht hatte dies nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, sodass die Unterbringungsanordnung aufzuheben war.

BGH, Beschluss vom 15.12.2020 – 4 StR 385/20

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