Strafe bei Vergewaltigung war zu hoch
Ein immer wiederkehrender Fehler von Gerichten, der insbesondere im Sexualstrafrecht regelmäßig zur Aufhebung von Urteilen in der Revision führt, ist das doppelte Verwerten von strafschärfenden Umständen. Dies führte nun erneut zu einer erfolgreichen Revision vor dem Landgericht Rostock.
Nach § 46 Abs. 3 StGB dürfen Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, nicht erneut bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Denn durch diese Umstände wurde die Strafbarkeit des Täters überhaupt erst begründet. Für die weitere Strafzumessung sind diese Umstände deshalb „verbraucht“. Auch Umstände, die aus rechtspolitischen Erwägungen dazu geführt haben, dass solche Taten überhaupt unter Strafe gestellt wurden, dürfen nicht zusätzlich straferschwerend gewertet werden.
Gegen das Doppelverwertungsverbot verstieß auch das Landgericht Rostock, das den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilte. Dabei wertete es das Gericht im Rahmen des § 177 Abs. 6 Nr. 2 StGB straferschwerend, dass der Angeklagte die Geschädigte für die Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse „schamlos ausgenutzt hat“.
Der Bundesgerichtshof (BGH) beanstandete insbesondere die Strafzumessung des Gerichts. Denn die vom Gericht angestellten Erwägungen haben den Gesetzgeber überhaupt erst dazu veranlasst, solche Taten unter Strafe zu stellen. Diesen Umstand hätte das Gericht aufgrund des Doppelverwertungsverbots demnach nicht strafschärfend berücksichtigen dürfen. Da nicht auszuschließen war, dass die Verhängung der Freiheitsstrafe auf diesem Wertungsfehler beruhte, wurde der Strafausspruch aufgehoben und zu neuer Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.
Im Rahmen der Revision bei Sexualstraftaten ist daher auch immer ein besonderes Auge auf die Strafzumessung zu legen. Nunmehr darf der Verurteilte ein deutlich milderes Urteil dank der erfolgreichen Revision erwarten.
BGH, Beschl. v. 12.2.2020 – 2 StR 5/20