Revision: Zungenkuss ist keine beischlafähnliche Handlung

In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut entschieden, dass ein Zungenkuss keine beischlafähnliche Handlung ist. Die Annahme solch einer beischlafähnlichen Handlung geht mit einer erheblichen Strafschärfung einher.

Zugrunde lag der Entscheidung der Fall eines Zungenkusses einer über 18-jährigen Person mit einem Kind. Verurteilt hatte das Landgericht den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (alte Fassung) und Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 6 StGB. Das Gericht ordnete die Handlung als beischlafähnliche Handlung ein. Dies ist kein Einzelfall, obwohl sich der BGH bereits im Jahr 2011 mit einem ähnlichen Fall beschäftigte und die für § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (alte Fassung) erforderliche beischlafähnliche Handlung für einen Zungenkuss verneinte.

Voraussetzung für § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (alte Fassung) ist die Vollziehung des Geschlechtsverkehrs oder ähnliche sexuelle Handlungen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Die sexuelle Handlung muss dabei ähnlich schwer wiegen wie der Beischlaf. Nach der Ansicht des BGHs erreicht ein Zungenkuss diese Erheblichkeitsschwelle nicht. Anders als beim Beischlaf ist kein primäres Geschlechtsorgan beteiligt, auch schützt § 176a StGB die ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes, welche beim Zungenkuss nicht in derselben Weise beeinträchtigt wird. Aus diesem Grunde stuft der BGH den Zungenkuss zwar als sexuelle Handlung von einiger Erheblichkeit im Sinne von §§ 176 Abs. 1, 184g Nr. 1 StGB ein, jedoch nicht als beischlafähnliche Handlung.

In seiner aktuellen Entscheidung überträgt der BGH diese Erkenntnisse auch auf die Vergewaltigung im Sinne von § 177 Absatz 6 Nr. 1 StGB. Aufgrund dieser Erkenntnisse änderte der BGH den Schuldspruch des Angeklagten ab und setzte auch die erzielte Einzelstrafe herunter.

BGH, Beschluss vom 17.11.2020 – 4 StR 223/20; BGH, Beschl. v. 14. 4. 2011 − 2 StR 65/11

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