Revision: Ab wann liegt ein Eindringen in den Körper bei einer Vergewaltigung vor?
Der Tatbestand des besonders schweren Falls des sexuellen Übergriffs (Vergewaltigung) nach § 177 Abs. 6 StGB zeichnet sich dadurch aus, dass der Täter eine sexuelle Handlung vornimmt, welche das Opfer besonders erniedrigt. Regelmäßig kann nach dem Gesetzeswortlaut eine besondere Erniedrigung angenommen werden, wenn die sexuelle Handlung mit einem Eindringen in den Körper des Opfers verbunden ist. Wann ein solches Eindringen in den Körper vorliegt, hat der Bundesgerichtshof in der aktuellen Entscheidung weiter präzisiert.
Das Landgericht hatte das Berühren der Klitoris der Zeugin als Eindringen in den Körper gewertet, und den Angeklagten dementsprechend unter anderem wegen Vergewaltigung verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision vorm Bundesgerichtshof ein.
Der Bundesgerichtshof verglich den Fall mit den bereits entschiedenen Fällen, in denen eine Penetration mit dem Finger erfolgte. Verglichen damit, stellt die Berührung der Klitoris kein Eindringen in den Körper dar. Ein Eindringen in den Körper liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs erst vor, wenn eine sexuelle Handlung vollzogen wird, die mit dem Vollzug des Beischlafs vergleichbar ist. Die Penetration mit den Fingern ist mit dem Beischlaf vergleichbar, da in beiden Fällen tatsächlich die Körperinnenseite betroffen ist. Die Klitoris liegt jedoch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs noch so weit außerhalb des Körpers, dass von einem Eindringen nicht gesprochen werden kann.
Der Revision des Angeklagten war dementsprechend stattzugeben. Die Sache wurde zur neuen Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
BGH, Beschluss vom 02.12.2020 – 4 StR 398/20