Revision: Ist Vergewaltigung auch gleichzeitig eine vorsätzliche Körperverletzung?

Mit der Frage, ob eine Vergewaltigung nach § 177 StGB auch zugleich eine vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 StGB sein kann, beschäftigte sich kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH), nachdem das Landgericht Aachen den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu drei Jahren und sieben Monaten Freiheitsstrafe verurteilt hatte. Der Angeklagte legte gegen diese Entscheidung mit seinem Rechtsanwalt erfolgreich Revision ein.


Nach den Feststellungen des Gerichts vollzog der Angeklagte mit der Geschädigten den Beischlaf, obwohl dem Angeklagten bewusst war, dass diese zu sexuellen Handlungen keinesfalls bereit war. Dabei verspürte die Geschädigte erhebliche Schmerzen im Unterleib. Abgesehen davon, trug die Geschädigte keine weiteren Verletzungen davon. Seit dem Vorfall leidet die Geschädigte jedoch in psychischer Hinsicht noch unter Ängsten und Albträumen.

Die durch das gewaltsame Eindringen verursachten Schmerzen wertete die Strafkammer als Körperverletzung, das gesamte Geschehen als tateinheitlich verwirklichte Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und vorsätzliche Körperverletzung gem. § 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, § 223 Abs. 1 StGB.

Der BGH beanstandete die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich der Verurteilung wegen der tateinheitlich begangenen Körperverletzung. Denn nach Ansicht des BGH kann ein nicht einverständlicher Geschlechtsverkehr zwar eine üble, unangemessene Behandlung des Opfers darstellen, allerdings liege eine mehr als unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens im Sinne einer körperlichen Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 Alt. 1 StGB gerade nicht vor, wenn sich bei der geschädigten Person nach der Tat weder körperliche Auffälligkeiten noch Verletzungen zeigen. Ebenfalls ist eine vorsätzliche Körperverletzung nicht erfüllt, wenn nicht feststellbar ist, dass eine durch die Tat eingetretene nachhaltige Traumatisierung des Opfers vom Täter vorsätzlich herbeigeführt worden ist.

So lag es auch in dem hier vorliegenden Fall. Das Landgericht hatte festgestellt, dass die Tat des Angeklagten zu keinen weiteren körperlichen Verletzungen geführt hatte. Die Ängste und Albträume konnten hingegen nicht ohne weiteres als Körperverletzungserfolg gemäß § 223 Abs. 1 StGB gewertet werden, da hierbei nicht festgestellt wurde, ob der Angeklagte diese Beeinträchtigung vorsätzlich herbeigeführt hat.

Der Schuldspruch wurde aus diesen Gründen durch den BGH aufgehoben und das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Diesbezüglich kann nunmehr mit einer milderen Strafe gerechnet werden, da das Landgericht ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt hatte, dass durch die Tat zwei Straftatbestände erfüllt worden sind.

BGH, Beschluss vom 05.02.2019 – 2 StR 562/18

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