Inzest im deutschen Strafrecht

Das Thema Inzest ist gesellschaftlich und rechtlich ein sensibles und oft kontrovers diskutiertes Thema. In Deutschland regelt das Strafgesetzbuch, unter welchen Umständen sexuelle Handlungen zwischen nahen Verwandten strafbar sind. Doch welche Beziehungen fallen genau darunter, welche Strafen drohen, und gibt es Ausnahmen?

Was versteht man unter Inzest?

Inzest beschreibt sexuelle Handlungen zwischen nahen Verwandten. Im rechtlichen Sinne umfasst dies insbesondere:

  • Geschlechtsverkehr zwischen leiblichen Geschwistern,
  • Geschlechtsverkehr zwischen Eltern und Kindern.

Das Strafgesetzbuch behandelt Inzest in § 173 StGB unter der Überschrift „Beischlaf zwischen Verwandten“.

Gesetzliche Regelungen des Inzests nach § 173 StGB

Laut § 173 StGB sind sexuelle Beziehungen zwischen nahen Verwandten strafbar. Der Gesetzestext regelt den „Beischlaf zwischen Verwandten“ wie folgt:

  • Strafbarkeit bei Verwandtschaft in gerader Linie: Sexuelle Handlungen zwischen Personen, die in gerader Linie verwandt sind, sind strafbar. Dazu gehören Eltern und ihre Kinder (auch Großeltern und Enkel), sowie Adoptiveltern und ihre Adoptivkinder (in bestimmten Fällen). Die Strafe beträgt hierbei Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
  • Strafbarkeit zwischen Geschwistern: Geschlechtsverkehr zwischen leiblichen Geschwistern ist ebenfalls strafbar. Auch hier droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
  • Ausnahmen für bestimmte Personen: Nicht strafbar ist der Geschlechtsverkehr zwischen Verwandten, wenn einer der Beteiligten nachweislich unwissend über die Verwandtschaft ist. Auch bei bestimmten Adoptivverhältnissen kann die Strafbarkeit entfallen.

Warum ist Inzest strafbar?

Die Strafbarkeit von Inzest wird oft mit folgenden Argumenten begründet:

  • Schutz der Familie: Das Gesetz dient dem Schutz der familiären Ordnung. Sexuelle Beziehungen zwischen nahen Verwandten können das familiäre Gefüge stören und emotionale sowie psychologische Schäden verursachen.
  • Schutz vor Missbrauch: Innerhalb familiärer Beziehungen besteht oft ein Macht- oder Abhängigkeitsverhältnis. Das Verbot soll sicherstellen, dass diese Machtstrukturen nicht für sexuelle Handlungen ausgenutzt werden.
  • Genetische Risiken: Kinder, die aus inzestuösen Beziehungen hervorgehen, haben ein erhöhtes Risiko für genetische Erkrankungen. Diese medizinische Begründung wird häufig angeführt, ist jedoch umstritten, da moderne medizinische Möglichkeiten dieses Risiko mindern können.

Kontroversen und Diskussionen um den Straftatbestand des Inzests nach § 173 StGB

Die Strafbarkeit von Inzest ist nicht unumstritten. Kritiker argumentieren, dass § 173 StGB das Selbstbestimmungsrecht von Erwachsenen einschränkt. Insbesondere in Fällen, in denen keine Abhängigkeitsverhältnisse bestehen, wird die Notwendigkeit eines strafrechtlichen Verbots infrage gestellt.

  • Urteil des Bundesverfassungsgerichts (2008): Das Bundesverfassungsgericht hat 2008 entschieden, dass das Inzestverbot mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Gericht begründete dies unter anderem mit dem Schutz der Familie und dem Interesse der Gesellschaft an der Vermeidung genetischer Risiken.
  • Europäische Debatten: In einigen europäischen Ländern, wie etwa Frankreich, sind einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen, die verwandt sind, nicht strafbar. Kritiker des deutschen Inzestverbots fordern, dass Deutschland diese liberaleren Regelungen übernehmen sollte.

Welche Strafen drohen bei Inzest nach § 173 StGB?

Je nach Art der Beziehung drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren. In der Praxis werden Freiheitsstrafen jedoch oft zur Bewährung ausgesetzt, vor allem bei erstmaligen Verstößen.

Sind Adoptivgeschwister von § 173 StGB betroffen?

Adoptivgeschwister fallen nicht unter § 173 StGB, da keine biologische Verwandtschaft besteht. Bei leiblichen Geschwistern aus getrennten Familienverhältnissen bleibt das Gesetz jedoch anwendbar.

Was passiert mit den Kindern, die aus einer inzestuösen Beziehung hervorgehen?

Kinder, die aus einer inzestuösen Beziehung hervorgehen, sind nicht automatisch benachteiligt oder rechtlich betroffen. Sie genießen die gleichen Rechte wie alle anderen Kinder. Medizinisch gibt es jedoch ein erhöhtes Risiko für genetische Erkrankungen.

Über den Autor

ANWALT FÜR SEXUALSTRAFRECHT: RECHTSANWALT UND STRAFVERTEIDIGER DR. BÖTTNER

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dr. Böttner ist seit mehr als 15 Jahren erfolgreich als Spezialist für Sexualstrafrecht tätig. Er ist ein bundesweit häufig angefragter Experte auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts. Er verteidigt und berät bundesweit gegen alle Vorwürfe aus dem Sexualstrafrecht.

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