Nachstellung / Stalking – § 238 StGB

Nicht jede wiederholte Kontaktaufnahme stellt strafbares Stalking dar. Bei einer Verurteilung drohen jedoch bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Seit dem Jahr 2007 ist das sogenannte „Stalking“ unter Strafe gestellt. Offiziell wird Stalking als „Nachstellung“ bezeichnet und ist in § 238 StGB geregelt. In Deutschland ist das „Phänomen Stalking“ relativ neu. Trotzdem wird von exorbitanten Zahlen gesprochen. Da die Zahlen jedoch schwer mit den offiziellen Statistiken in Einklang zu bringen sind, kann man von einer „Stalking-Hysterie“ sprechen. In den wenigsten Fällen liegt tatsächlich eine strafrechtlich relevante Nachstellung vor. Nichtsdestotrotz hat der Gesetzgeber den Paragraphen im Februar 2017 erneut reformiert und verschärft.

Was ist „Stalking“ und was ist „Nachstellen“ nach § 238 StGB?

Unter Stalking versteht man das beharrliche Nachstellen einer anderen Person. Was genau unter „Nachstellen“, ein Wort aus dem Jäger-Jargon, zu verstehen ist, ist von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Einig ist man sich lediglich dahingehend, dass eine Gesamtbetrachtung der Situation zu erfolgen hat. Vor allem die ungewollte wiederholte Kommunikationsaufnahme kann strafbar sein.

Nicht jede Nachstellung führt automatisch zu einer Bestrafung. Der Straftatbestand zählt vier konkrete Handlungen auf, die, soweit sie beharrlich durchgeführt werden, zu einer Strafe wegen Nachstellung führen können:

– Aufsuchen von räumlicher Nähe

– Versuch per Telekommunikationsmitteln (Telefon, Chat, SMS, WhatsApp usw.) Kontakt aufzubauen

– Bestellung von Waren oder Dienstleistungen auf fremden Namen

–  Bedrohung mit Angriffen auf die körperliche Unversehrtheit

Darüber hinaus können aber auch „andere vergleichbare Handlungen“ ausreichen, um den Straftatbestand zu verwirklichen. Von der Schwere und der Zielrichtung müssen diese anderen Handlungsweisen jedoch die Qualität einer der zuvor genannten Handlungen haben. Dies muss anhand einer Einzelfallprüfung erfolgen.

Das „Nachstellen“ muss außerdem „beharrlich“ erfolgen. Davon kann man erst sprechen, wenn die Tathandlung wiederholt begangen und dadurch der entgegenstehende Wille des Opfers aus Gleichgültigkeit missachtet wird.

Aber auch eine beharrliche Nachstellung ist per se noch nicht strafbar. Erst wenn dadurch die Lebensgestaltung der andere Person schwerwiegend beeinträchtigen werden kann, ist es tatsächlich ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Die mögliche Beeinträchtigung muss gravierend sein, ins Gewicht fallen und das Opfer beispielsweise dazu nötigen, sich aus dem sozialen Leben zurückzuziehen, den Namen zu ändern und/oder Familie und Freunde hinter sich zu lassen.

Neuerungen durch die Reform des Stalking-Paragraphen 2017

Die Neufassung des § 238 StGB im Februar 2017 bringt im Wesentlichen zwei Änderungen mit sich. Einerseits wird aus dem bisherigen konkreten Erfolgsdelikt ein abstrakten Gefährdungsdelikt. Dies bedeutet, dass zur Erfüllung des Tatbestands keine tatsächliche Beeinträchtigung des Opfers mehr eingetreten sein muss. Es genügt, dass die Stalking-Handlung theoretisch geeignet ist, diese Beeinträchtigung hervorzurufen (siehe oben).

Zusätzlich stellt § 238 Abs. 1 StGB ab jetzt kein Privatklagedelikt mehr dar, sondern ein Offizialdelikt. Dies bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft das Delikt von Amts wegen verfolgen muss. Beide Änderungen sollen dem Opferschutz dienen. Viele Experten kritisieren aber zu Recht, dass sich an den eigentlichen Voraussetzungen des § 238 StGB nicht wirklich etwas geändert hat. So ist beispielsweise oft immer noch nicht klar, was genau man unter „Nachstellen“ versteht. In vielen Fällen liegen die Handlungen des Täters außerdem in einem Graubereich zwischen legalem und strafbarem Verhalten. Die Grenzen sind hier sehr schwer zu ziehen und es kommt weiterhin auf den konkreten Einzelfall an. Hier besteht auch weiterhin noch gutes Verteidigungspotential. Denn weiterhin handelt es sich in den meisten angezeigten Fällen auch nach neuer Rechtslage noch nicht um Stalking.

Welche Strafe droht bei einer Verurteilung wegen Nachstellens bzw. Stalkings?

Das Strafmaß für die Nachstellung beträgt grundsätzlich Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Die Strafe bemisst sich jeweils nach dem konkreten Einzelfall. In besonders schweren Fällen droht ein erhöhter Strafrahmen. Wird das Opfer oder eine dem Opfer nahestehende Person in die Gefahr des Todes gebracht, droht in diesem Fall eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Wird sogar der Tod des Opfers verursacht, beträgt die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahre.

Wie kann ein Strafverteidiger beim Vorwurf des Stalkings helfen?

In vielen Fällen wird der Vorwurf des Stalkings nach einer gescheiterten Beziehung zur Anzeige gebracht. Häufig, um den Ex-Partner durch das Strafrecht nachträglich zu schädigen oder aber auch um jegliche Kontaktaufnahme, die grundsätzlich legal ist, zu unterbinden. Teilweise besteht auch die Motivation, sich in einem Sorgerechtsstreit eine bessere Position zu verschaffen.

In den wenigsten Fällen liegt den Anzeigen aber tatsächlich ein strafbares Verhalten zugrunde. Häufig fehlt es bereits an der Beharrlichkeit, mit der die Kontaktaufnahme erfolgt sein muss. Aber auch an die Geeignetheit für eine  schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung werden strenge Anforderungen von den Gerichten gestellt. Eine reine Belästigung oder Bedrohung reicht für den Tatbestand der Nachstellung bzw. strafbarem Stalking nicht aus. Vielmehr muss tatsächlich objektiv die Lebensgestaltung des „Gestalkten“ unfreiwillig geändert worden sein.

Diese strengen Anforderungen sind in vielen Fällen nicht erfüllt. In diesem Deliktsbereich prüft Rechtsanwalt Dr. Böttner als Strafverteidiger bereits frühzeitig im Verfahren die mögliche Strafbarkeit und wirkt ggf. auf eine Einstellung des Verfahrens hin, damit eine Anklage und eine belastende Hauptverhandlung sowie eine Strafe möglichst vermieden werden kann.

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